3 provokante Thesen: Künstliche Intelligenz in der Schule

von Basti  

Januar 17, 2024

Vielleicht ist das nur meine IT-Bubble, aber ich habe das Gefühl, ChatGPT ist überall. Generative AI verändert, wie wir Inhalte dargeboten bekommen und die Geschwindigkeit, in der wir arbeiten. Viele behaupten, das Schulsystem sei auf diese veränderten Anforderungen nicht vorbereitet. Und tatsächlich gibt es Fragen, für die bisher keine richtigen Antworten da sind. In diesem Artikel möchte ich dir daher 3 provokante Thesen zu Künstlicher Intelligenz in der Schule vorstellen, mit denen sich Lehrer und das Bildungssystem definitiv auseinander setzen müssen.

1. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz lässt sich nicht nachweisen

Noch nie war es so leicht, wohlklingende Texte zu erstellen, wie dies seit Aufkommen von generativer künstlicher Intelligenz wie beispielsweise ChatGPT ist. Es ist verlockend und angenehm zugleich, eine Frage zu nehmen, ChatGPT zu fragen und das so gewonnene Resultat 1:1 zu verwenden. Ja, es gibt Tools, die von sich behaupten, KI-generierte Texte zu erkennen. Diese sind aber einfach nicht zuverlässig, gerade dann, wenn Menschen auch noch im Nachgang über die Texte arbeiten. Ich behaupte, diesen Text nicht mit ChatGPT geschrieben zu haben, aber kannst du es mir nachweisen?

Was die Forschung zur KI-Detektion sagt

Der Artikel „Testing of detection tools for AI-generated text“ im International Journal for Educational Integrity untersucht die Effektivität von Werkzeugen zur Erkennung von KI-generierten Texten. Die Studie evaluiert verschiedene öffentlich zugängliche und kommerzielle Systeme und stellt fest, dass diese Werkzeuge weder genau noch zuverlässig sind, insbesondere bei der Unterscheidung zwischen von Menschen geschriebenen und von ChatGPT generierten Texten. Die Forschung zeigt, dass die Detektionswerkzeuge eine Tendenz haben, Texte eher als menschengeschrieben einzustufen und dass die Leistung der Werkzeuge durch Techniken wie Paraphrasierung erheblich verschlechtert wird. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Erkennung von KI-generierten Texten eine herausfordernde Aufgabe bleibt.

Und nicht zu vergessen, hierbei handelt es sich um Wissenschaftler, die sich sehr gezielt und sehr lange mit diesem Thema beschäftigt haben. Als Resultat sollte man sich einfach mit der Tatsache abfinden, dass man von keinem Lehrer dieser Welt erwarten kann, KI-generierte Texte zu identifizieren. Klar, wenn ein Schüler plötzlich einen Entwicklungssprung von „kann keinen Satz formulieren“ zu „schreibt wie Goethe“ hinlegt, wird das auffallen und es darf nachgefragt werden. Nachweisen kann man aber im Zweifelsfall wahrscheinlich eher wenig.

2. Die Schüler werden Wege finden, KI zu ihrem Vorteil einzusetzen

Was sollte also Schüler und Studenten davon abhalten, ChatGPT für Hausaufgaben, Hausarbeiten und sogar Prüfungen zu verwenden? Die harte Antwort: gar nichts. Ich hätte es vielleicht auch gemacht. Es gab ja sogar schon erste Fälle des (vermutlichen) Einsatzes von ChatGPT im Abitur. Und das Schwierige daran: je geschickter man im Umgang mit diesen Tools wird, desto schwieriger wird es, ihren Einsatz nachzuweisen.

4 Fragen, denen sich das Schulsystem stellen muss

Dies führt natürlich zu einigen wirklich herausfordernden Fragen, zu denen es aktuell auch noch keine Antwort gibt. Dennoch müssen sie gestellt werden.

  1. Wie gehe ich damit um, nicht mehr wissen zu können, ob ein Schüler eine Arbeit selbst geschrieben hat?
  2. Hat er sie komplett formulieren lassen, oder das Tool als Formulierungshilfe eingesetzt? Hat er es nur zur Recherche verwendet? Was ist schlimmer?
  3. Wie gehe ich damit um, dass Schüler, die keine künstliche Intelligenz benutzen, benachteiligt sind und tendenziell schlechtere Ergebnisse erzielen?
  4. Wie kann ich Schülern den kritischen Umgang mit KI-generierten Texten bzw. Informationen im allgemeinen in diesem Hintergrund näher bringen?

Warum „Verbieten“ keine Lösung ist

Die üblichen Reaktionen dazu waren vielerorts zunächst einmal ein knallhartes „Verbieten“. Ich habe sogar von Informatik-Prüfungen gehört, die plötzlich wieder vor Ort per Hand geschrieben werden mussten, weil man sich Sorgen machte, die Studenten könnten ihre Prüfung einfach durch künstliche Intelligenz schreiben lassen. Aber seien wir mal ehrlich: Schüler werden immer Wege finden, sich das Leben leichter zu machen. Waren wir da wirklich anders? Und ist der geschickt genutzte Einsatz von künstlicher Intelligenz um merklich bessere Ergebnisse zu erzielen eigentlich tatsächlich etwas, das wir verhindern wollen?

Diese Entwicklung stellt gerade den Schulalltag vor komplett neue Herausforderungen. Wir dürfen beispielsweise überdenken, wie wir Kreativität und Originalität bewerten. Es kann nicht mehr nur einfach darum gehen, ob eine Arbeit gut ist oder nicht. Wie gehen wir damit um? Sollen wir komplett neue Bewertungsmethoden einführen? Oder sollten wir unsere Lehrmethoden so anpassen, dass sie die Nutzung von KI miteinbeziehen und fördern?

Es könnte mehr denn je Zeit werden für einen Paradigmenwechsel. Wir können nicht mehr nur auf traditionelle Lehr- und Bewertungsmethoden setzen. Stattdessen sollten wir uns darauf konzentrieren, unseren Schülern beizubringen, wie sie KI als Werkzeug nutzen können, um ihre eigenen Ideen und Fähigkeiten zu erweitern, statt sie nur zum Kopieren zu verwenden. Es ist eine Chance, Schülern beizubringen, kritisch zu denken und KI als eine Erweiterung ihres eigenen kreativen und analytischen Denkens zu nutzen.

3. KI wird Teil unserer Zukunft sein

Und hier kommen wir zu einer weiteren Tatsache: im Arbeitsleben wird es in vielen Bereichen niemanden interessieren, ob KI genutzt wird oder nicht. Vielmehr noch: als Gründer eines KI-Unternehmens stelle ich mir eher die Frage, wieso ein Arbeitnehmer bislang noch nicht ChatGPT als Programmierhilfe verwendet. Klar: es kann nie die Lösung sein, sich vollends auf solche Mittel zu verlassen, sich ihnen aber zu verweigern bringt leider auch sehr viele Nachteile mit sich. Wie aber die Balance finden zwischen „tiefes Verständnis und Wissen aufbauen“ und „technische Hilfsmittel ablehnen“, wenn man in der Schule gelehrt bekommt, dass der Einsatz von Technik Betrug darstellt?

KI nicht zu lernen ist ein Wettbewerbsnachteil

Die Zukunft wird mit künstlicher Intelligenz stattfinden, ob wir das wollen oder nicht. Sie wird in vielen Bereichen des Alltags in den Berufsalltag einziehen, ich denke damit schaue ich nicht zu tief in die Glaskugel. Was bedeutet es also für zukünftige Arbeitnehmer, wenn sie nicht im Umgang mit künstlicher Intelligenz geschult sind?

Dies ist ganz klar ein Wettbewerbsnachteil. Es mag uns nicht gefallen, aber wer generative AI nutzt, hat das Potential schneller zu arbeiten und vielleicht auch bessere Ergebnisse zu erzielen. Ich spreche hier gar nicht davon, KI komplett die eigene Arbeit erledigen zu lassen, sondern vielmehr davon, sie ergänzend und als Hilfsmittel einzusetzen. Auch ist der Aufbau von Wissen mit dem Einsatz der richtigen Tools viel zielgerichteter, einfacher und schneller möglich.

Ein plakatives Beispiel ist hier die richtige Verwendung von Suchmaschinen, welche ja streng genommen auch künstliche Intelligenz darstellen. Wie formuliere ich meine Suchanfragen? Wie kann ich meine Suchen einschränken, Begriffe ausschließen? Wie unterscheide ich gute Ergebnisse von schlechten Beiträgen oder sogar Werbung? Googlen muss gelernt werden, sonst landet man ziemlich schnell auf irgendwelchen Websites mit Werbebannern und Abofallen, anstatt an nützliche Informationen zu kommen.

Und genauso verhält es sich mit dem Einsatz von generativer KI. Können wir es uns Land, in dem schon jetzt die IT-Struktur ohne Zuzug nicht mehr haltbar ist, wirklich leisten, unseren Schülern diese Dinge nicht beizubringen? Sie vielmehr in einen Arbeitsalltag zu werfen, in dem sie sich diese Fähigkeiten erst mühsam selbst oder eben gar nicht beibringen?

Dein Feedback

Hier interessiert mich besonders deine Meinung als Lehrer. Wie siehst du die Zukunft der Schule unter diesen Umständen? Muss sich die Rolle von Schule und Bewertung ändern? Oder sollen wir uns lieber umso mehr auf traditionelle Lehrmethoden besinnen? Wie wird in deinem Schulumfeld mit diesen Themen umgegangen? Ich würde mich sehr über Kommentare freuen.

Weitere Infos zu diesem Thema:

Schnelle Tipps um mit ChatGPT zu beginnen: ChatGPT als Lehrer einsetzen – sofort und bedenkenlos

Im Artikel Zeugnisbemerkungen mit ChatGPT verfassen erfährst du, wie du beim Zeugnis viel Zeit sparen kannst.

Infos der Bundeszentrale für politische Bildung: KI in der Schule

Bis zum nächsten Mal.

Und denk dran: Auch Lehrer haben ein Recht auf Zeit.

Basti


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