Morgenrituale für den produktiven Tageseinstieg

von Basti  

August 27, 2017

„Der frühe Vogel fängt den Wurm.“ In den letzten Monaten habe ich gelernt, dass an diesem abgedroschenen Sprichwort tatsächlich mehr dran ist, als erwartet. Allerdings nur, wenn das frühe Aufstehen einen Zweck erfüllt. In diesem Artikel erfährst du, wie Morgenrituale zu deiner persönlichen Entwicklung beitragen und deinen Tag produktiver gestalten können.

Allgemeines zu Morgenritualen

Was sind Morgenrituale?

Rituale an sich, sind täglich gleich bleibende, sich wiederholende Handlungen. Da diese jeden Tag erneut durchgeführt werden, gehen sie mit der Zeit in Fleisch und Blut über. Dir als Lehrer wird die Verwendung von Ritualen natürlich aus deinem Unterricht bekannt sein. Allerdings ist dir vielleicht die Idee, für dich selbst, und noch dazu am Morgen Rituale durchzuführen, noch neu.

Welchen Zweck haben Morgenrituale?

Morgenrituale können verschiedene Ziele verfolgen. Für mich sind die beiden folgenden Zielsetzungen die wichtigsten.

1. Entspannung

Nicht selten haben wir einen stressigen Tag vor uns. Schon beim Aufstehen müssen wir an die verschiedensten Schwierigkeiten denken, die heute auf uns warten. Warum also nicht mit einer ersten Entspannungsübung in den Tag starten? Warum nicht schon am Morgen damit beginnen, wieder runter zu kommen?

2. Selbstentwicklung

Wir Menschen stecken in unserem Leben viel Zeit in Bildung. Das lebenslange Lernen wird zum Eckpfeiler der beruflichen Entwicklung erklärt. Investieren in die persönlichen Fähigkeiten bleibt jedoch seltsamerweise oftmals auf der Strecke.

Morgenrituale können der persönlichen Entwicklung dienen. Der Morgen ist eine gute Zeit, an selbstgesteckten Zielen zu arbeiten, seien es körperliche, mentale oder emotionale Ziele. Die Entwicklung der geistigen Fähigkeiten kann nicht hoch genug geschätzt werden, gerade als Lehrer. Wer möchte nicht gerne mehr Fähigkeiten und Kompetenzen erwerben?

Warum gerade am Morgen?

Es gibt vier sehr gute Gründe, warum man sich gerade am Morgen Zeit für Rituale nehmen sollte.

1. Morgenrituale machen wach

Tatsächlich habe ich bereits beim ersten Durchführen meines Morgenrituals etwas Unerwartetes festgestellt: Trotz des frühen Aufstehens war ich an diesem Morgen wesentlich wacher als sonst. Mein Start in den Tag war energiereich und ich begann ihn voller Elan. Dies hängt auch mit Punkt 2 zusammen.

2. Du hast bereits am Morgen etwas geschafft

Es gibt nichts Besseres, als mit dem Gefühl in den Tag zu starten, bereits etwas erledigt zu haben. Nach einem Morgenritual stellt sich dieses Gefühl sofort ein. Man hat dann schon etwas getan, was die meisten anderen Menschen niemals tun. Für dich selbst gibt das einen Schub: Was kannst du heute noch alles schaffen?

3. Morgens herrscht noch Ruhe

Ein weiterer Vorteil deines Rituals am Morgen liegt auf der Hand: Du bist ungestört. Wann sonst am Tag kannst du dir sicher sein, ohne Ablenkung an dir selbst arbeiten zu können? Die Stille am Morgen ist etwas Besonderes und Beruhigendes. Eine ruhige Stunde, bevor du dich mindestens sechs Unterrichtsstunden gegen die Lautstärke im Klassenzimmer behaupten musst, ist Gold wert.

4. Rituale brauchen einen Auslöser

Um ein Ritual konsequent durchzuführen, benötigt es einen konkreten Auslöser. Der Auslöser „direkt nach dem Aufstehen“ ist sehr einfach zu befolgen. Wenn du dir dagegen vornimmst, Rituale „beim Nachhause kommen“ durchzuführen, kann sehr viel dazwischen kommen. Konsequentes Durchführen von Ritualen ist daher vor allem am Morgen realistisch.

Ist die Idee von mir?

Nein, ich bin tatsächlich nicht der Erfinder von Morgenritualen (wer hätte es gedacht ;-). Ludwig van Beethoven begann seinen Tag mit dem Abzählen von exakt 60 Kaffeebohnen. Barack Obamas Tag startet mit Sportprogramm. Benjamin Franklin fragte sich jeden Morgen: „Was soll ich heute Gutes tun?“ Weitere Morgenrituale berühmter Persönlichkeiten findest du hier oder hier.

Das Konzept des Morgenrituals ist also nicht neu. Ich bin durch das Buch „Miracle Morning: Die Stunde, die alles verändert“ von Hal Elrod auf dieses Konzept aufmerksam geworden.

In seinem Buch beschreibt er sechs Eckpfeiler eines gelungenen Morgenrituals, die sogenannten SAVERS.

Silence (Stille)

Affirmations (Affirmationen)

Visualization (Visualisierung)

Exercise (Bewegung)

Reading (Lesen)

Scribing (Schreiben)

Durch konsequentes Aufstehen, eine Stunde früher als bisher, können jedem dieser sechs Bestandteile morgens 10 Minuten gewidmet werden. Im Folgenden möchte ich dir aufzeigen, wie ich diese sechs SAVERS am Morgen umsetze.

Mein „Miracle Morning“

Zunächst: dies ist mein Ansatz für das Morgenritual. Vermutlich wirst du nicht alles davon als für dich geeignet empfinden. Jeder muss für sich selbst die geeignete Herangehensweise erarbeiten. Ich passe meine Morgenrituale auch fortwährend an, da es immer Verbesserungsbedarf gibt.

1. Atemübungen (Silence)

Der erste Teil meines Morgenrituals besteht aus verschiedenen Atemübungen.  Diese haben zum Einen den Vorteil, die Muskulatur zu entspannen. Falsche Atmung im Tagesverlauf kann zu Rücken- oder Schulterschmerzen durch Verspannungen und Verkrampfungen führen. Dem arbeite ich hier entgegen.

Zum Anderen dienen Atemübungen auch der Stimmbildung und Stimmfestigung. Dies ist natürlich gerade in Berufen, bei denen viel gesprochen wird, ein wichtiges Hilfsmittel.

Alternativen zu Atemübungen:

  • Meditation
  • gezieltes Schweigen
  • Reflexion über den vergangenen Tag
  • überlege, wofür du heute dankbar bist
  • Gebet

2. Sport (Exercise)

Ich beginne meinen Tag mit verschiedenen Dehn- und Kräftigungsübungen für Schuler und Rücken. In den letzten Jahren musste ich leider feststellen, dass Büroarbeit (und dazu zählt ein nicht geringer Teil unseres Jobs) und vor allem das Korrigieren sich nicht gut auf meinen Rücken-, Nacken- und Schulterbereich auswirken. Hier versuche ich dagegen zu arbeiten, auch bereits mit ersten Erfolgen.

Natürlich wissen wir Lehrer, dass wir etwas zu Vorbeugung gegen Rückenschmerzen und Verspannungen tun müssen. Ich erzähle dir da nichts Neues. Trotzdem tun wir es zu selten. Warum also nicht den Morgen dafür nutzen?

Alternativen:

  • Yoga
  • Pilates
  • Fitnesstraining
  • Joggen
  • (Mit dem Hund) spazieren gehen

3. Affirmationen

Affirmationen sind positive Selbstbestärkung. Hierbei handelt es sich meist um klare, eindeutige und eben positiv formulierte Sätze. Diese sollen die eigenen Persönlichkeitsziele möglichst gut wiedergeben und unterstützen. Dadurch soll die Bildung eines positiven Selbstbildes unterstützt werden.

Ein simples Beispiel dazu: Wenn du morgens mit dem Gedanken „Heute wird wieder ein furchtbarer Tag“ aufstehst, wird sich diese Vermutung in den meisten Fällen auch bestätigen. Wer regelmäßig zu diesen Gedanken tendiert, wird langfristig überhaupt nicht mehr mit gutem Gefühl in den Tag starten. Eine positive Affirmation dagegen wäre „Heute wird ein guter Tag“. Mit diesem Gedanken schafft man sich ein positives Grundgefühl.

Das klingt zunächst etwas esoterisch. Ich war daher selbst sehr erstaunt, welch gutes Gefühl ich nach den ersten paar Morgenritualen gewinnen konnte, vor allem durch positive Affirmationen.

Es verwundert daher nicht, dass eine große Anzahl an Berühmtheiten diese Technik für sich verwendet. Lady Gaga beispielsweise wiederholt jeden „Music is my life, music is my life. The fame is inside of me, I’m going to make a number one record with number one hits.“

Eigenschaften guter Affirmationen:

  • kurz und prägnant
  • positiv formuliert (z.B. kein „ich werde nicht mehr…“ sondern „ich werde…“)
  • unterstützen deine persönlichen Ziele

4. Lesen

Hierunter verstehe ich nicht das Lesen der Zeitung oder eines Fantasy-Romans. Es geht vielmehr darum, 10 Minuten über ein Thema zu lesen, dass die Selbstentwicklung vorantreibt. Es ist erstaunlich, wie viele Bücher man lesen kann, wenn man sich jeden Tag nur 10-15 Minuten damit beschäftigt.

5. Schreiben

Schreiben ermöglicht es, die eigenen Gedanken zu ordnen. Oftmals ist der Kopf voller guter Ideen, welche aber in einem großen Durcheinander unter gehen. Hier helfen die zehn Minuten morgendlichen Schreibens. Aktuell versuche ich, jeden Tag 10 Ideen zu notieren, wie es im Buch „Become An Idea Machine: Because Ideas Are The Currency Of The 21st Century“ von Claudia Azula Altucher beschrieben wird.

Weitere Ideen:

  • Wofür bin ich heute dankbar?
  • Tagebuch
  • Tagesplanung
  • Ziele

6. Visualization

Unter dem Visualisieren versteht man, sich seine Ziele im Ergebnis vorzustellen. Wie fühlt es sich an, wie sieht es aus, wenn man seine Ziele erreicht hat. Für manche Menschen ist dabei ein Visualization Board hilfreich. Andere schließen gerne die Augen und stellen sich selbst am Ziel ihrer Träume vor. Hierbei muss jeder selbst seinen eigenen Zugang finden.

7. Frühstück

Ein letzter Punkt, der nicht aus dem „Miracle Morning“ entlehnt ist, den ich aber als nicht weniger wichtig empfinde. Früher ging ich teilweise komplett ohne Frühstück zur Schule. Mir war zwar bewusst, dass das eigentlich ungesund ist und meine Produktivität einschränkt, ich redete mir aber ein, dass ich dafür keine Zeit hätte.

Erst, seitdem ich mit dem Frühstücken angefangen habe, ist mir klar, wie wichtig es tatsächlich ist. Ein gutes Frühstück bringt Energie für die erste Phase des Tages. Ich bin selber immer wieder überrascht, wie viel motivierter und energetischer ich in der Schule ankomme, seitdem ich genug im Magen habe. Daher meine uneingeschränkte Empfehlung: Vernünftig Frühstücken.

Am besten eignen sich übrigens Nahrungsmittel mit vielen Proteinen, da diese am längsten satt machen. Kohlehydrate dagegen werden recht schnell vom Körper aufgenommen und man bekommt früher wieder Hunger. Das klassische Ei mit Speck ist daher tatsächlich sehr gut als Frühstück geeignet.

Fazit

Morgenrituale eignen sich hervorragend, um an der Persönlichkeit zu arbeiten. Der Morgen ist ungestört und ruhig, weswegen dann besonders konzentriert gearbeitet werden kann. Die Bestandteile des „Miracle Morning“ sind hierbei nützliche Vorschläge, wie solche Morgenrituale aussehen können. Auch Lehrer können von solchen Ritualen profitieren.

Für mich persönlich war das Buch ein ziemlicher Augenöffner. Ich will nicht sagen, es hat mein Leben verändert, das würde dann doch zu weit gehen. Auf jeden Fall hat es meinen Morgen bereichert und ich kann auf jeden Fall sagen, dass das Verwenden von Morgenritualen mir bereits große Fortschritte eingebracht hat. Ich kann dir nur empfehlen, es zumindest einmal auszuprobieren.

Ich hoffe, ich konnte dir die eine oder andere Anregung geben, wie auch du Morgenrituale in deinen Tagesablauf einbinden kannst. Hast du schon Erfahrungen mit Ritualen oder Gewohnheiten gesammelt? Was denkst du über das Konzept der Morgenrituale? Lass mich deine Meinung wissen.

Bis zum nächsten mal.

Und vergiss nicht: Auch Lehrer haben ein Recht auf Zeit.

Basti


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  • Lieber Basti,
    danke für den wirklich guten und mal ganz anderen Input. Ich werde mir gleich für morgen den Wecker etwas früher stellen und einige deiner Ideen ausprobieren. Danke auch für deinen Blog, so einer hat bisher total gefehlt und ist eine riesengroße Bereicherung. Ich lese immer sehr gerne bei dir und profitiere sehr davon, dass deine Tipps so konkret und alltagstauglich sind. Mach weiter so.
    Grüße, Lena

    • Hallo Lena,
      wow, vielen Dank für all das Lob, ich werd ja ganz rot 😉
      Freut mich, dass du dich auf das Morgenritual einlassen möchtest. Hast du es durchgezogen? Wie wars für dich?
      Liebe Grüße und das Versprechen, weiter zu machen 🙂
      Basti

  • Lieber Basti,
    auch mir hat dein Beitrag zum Thema „Morgenrituale“ sehr gefallen. Als Lehrerin und Mutter kleiner Kinder ist es nicht so einfach Zeit für sich selbst zu finden. Zeit um sich wohler und vielleicht energetischer aber auch motivierter zu fühlen. Ich werde es morgen gleich mal versuchen früher aufzustehen und ein paar Aspekte (Entspannung, Lesen, Bewegung (Yoga) und Schreiben umzusetzen. Ich bin gespannt, wie es in den nächsten Tagen läuft.
    Vielen Dank für deinen tollen Blog für ein schöneres und leichteres Lehrerleben.
    Herzliche Grüße,
    Nadine.

    • Hallo Nadine,

      schön, dass dich der Artikel inspirieren konnte. Hoffentlich konnte dir das Ritual einen Boost für den Tag geben. Wäre schön, von deinen Resultaten zu lesen.

      Liebe Grüße
      Basti

  • Du hast unumstritten Recht damit. Ich nehme mir schon lange vor, wenigstens eins davon als Morgenritual durchzuführen und habe das Ziel auch noch nicht aufgegeben. Aber eines hast du nicht erwähnt: Um wieviel Uhr stehst du denn auf? Wann gehst du schlafen? Ich muss um 6.40 Uhr aus dem Haus, brauche fast eine Stunde zum Frühstücken, Brote schmieren, duschen etc. – um viertel vor fünf aufzustehen, um zu lesen, zu schreiben, Sport zu machen klingt total schön. Aber es ist unverhältnismäßig früh und ich könnte vor Müdigkeit nichts davon. Außerdem müsste ich vor 22 Uhr schlafen gehen, was besonders im Sommer unrealistisch ist. Wie sieht das bei dir konkret aus? Ich bin gespannt… 🙂

    • Hallo Janna,
      tatsächlich ist es ab und an mühsam, sich aus dem Bett zu „quälen“, nach ein bisschen Vorbereitung am Abend zuvor und einer Eingewöhnungsphase fällt es mir aber mittlerweile nicht mehr so schwer, um 5:00 Uhr aufzustehen. Tatsächlich merke ich auch, dass ich nicht mit dem gleichen Flow durch den Tag gehe, wenn ich das Morgenritual mal ausfallen lasse.
      Ja, es ist aber wirklich nicht immer leicht und erfordert einigermaßen Disziplin im Hinblick auf die Zu-Bett-Geh-Zeit. Für mich lohnt sich das Ganze aber. Du kannst es ja mal in den Ferien ausprobieren und dann sehen, ob es dir etwas bringt. Vielleicht bist du so überzeugt, dass du es dann auf den normalen Alltag auch anwenden willst.

      LG Basti

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